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Herbsttage

Nachdem die Sonne an Linas Konfirmation vor zwei Wochen noch einmal ihre ganze Kraft und Wärme aufgeboten hat, ist es inzwischen Herbst geworden. Wenn ich morgens in die Arbeit fahre, begegnen mir Nebelfelder und zu meiner Freude auch wieder das leuchtende Herz, dass die Welt und meine morgendliche Laune heller macht. 

Der Herbst mit seiner Melancholie, den trüben, verhangenen Tagen, die man am liebsten auf dem Sofa verbringen möchte. Er ist doch auch die Jahreszeit der bunten Blätter, die im Licht der Sonne vor der Fensterscheibe tanzen und mich auffordern, rauszukommen und es ihnen gleichzutun. 

Rausgehen, tief ein- und ausatmen, den Blick öffnen. Das ist es, was mir jetzt gut tut, auch wenn es manchmal Überwindung kostet. Und dann das Drinnensein genießen. Die Kuschel- und Wärmemomente. Ich versuche, eine Balance aus beiden Seiten.

bergauf - bergab

 

Es ist ja nicht so, dass ich "Juhu!" schreie und sofort dabei bin, wenn mein Mann an einem mäßig schönen Sonntag vorschlägt, eine Tour in die Hersbrucker Schweiz zu unternehmen. Dabei weiß ich, welch wunderschöne Fleckchen Erde es in unserer näheren Umgebung zu entdecken gibt. Wenn da nicht diese Berge wären (die Thilo im übrigen nicht mal als solche bezeichnet). Leider lassen meine Knie und meine Kondition wirklich zu wünschen übrig. Wenn man mir dann aber in Aussicht stellt, einen Korb mitzunehmen und Naturmaterial als Herbstdeko zu sammeln, hat man mich. Während unsere Kinder an einem ganztägigen Trainerworkshop in Bamberg teilnahmen, machten wir uns also zu zweit auf den Weg. Am Ende des Tages war ich nicht nur glücklich über meine reichhaltige Dekoausbeute, sondern ... Wie soll ich sagen? Die Bewegung hat meinem Körper gut getan, aber auch meine Seele gesättigt. Nebeneinander herlaufen, redend und schweigend, Ausblicke genießend, sich ein Stück Berg hinaufziehen lassen und sich dann gemeinsam vorsichtig an steileren, rutschigen Stellen wieder hinunterzutasten, einen Fuß vor den anderen setzend. Das fordert heraus und macht doch irgendwie seltsam zufrieden.

 

 

Die Natur ist so ein schönes Bild für das eigene Leben. Manchmal geht´ s steil bergauf und man ist froh, um die helfende Hand, das ablenkende Gespräch. Ein anderes Mal erfordert der Weg höchste Fokussierung. Es ist keine Zeit, nach rechts oder links zu sehen. Zu sehr musst du dich auf die Steilstücke konzentrieren, auf denen nasses Laub dich jederzeit zu Fall bringen kann. Dann wieder geht es gemäßigt voran. Plötzlich eröffnen sich Ausblicke. Herrliche Sicht über weites Land und in der Ferne glitzert der See. Da ist ein Bank zum Ausruhen, Aufatmen, Kraft schöpfen. Und plötzlich, mitten im Wald, eine Quelle, an der du deinen Durst stillen und dich erfrischen kannst. 

 

 

Mit aufmerksamen Blick läufst du durch die Landschaft und entdeckst Spuren. Spuren, die die Natur hinterlassen hat: Ein vom Blitz gefällter Baum, weiche Mooskissen, vom Wasser ausgehöhlte Felsen. Und Spuren, die Menschen hinterlassen haben. In den Stein geritzte Zeichen, Baumkunst am Wegesrand. Da blickt dich plötzlich an einem ausgehöhlten Baumstumpf ein Gesicht an, von Efeuranken wie von Haaren umgeben. Und dann kommst du zurück zum Ausgangspunkt deiner Wanderung und die vorhin noch leere Wiese ist plötzlich von Schafen und ein paar vereinzelten Ziegen bevölkert. Du suchst einen guten Platz zum Fotografieren, als du einen nicht so freundlich dreinblickenden Hütehund auf dich zukommen siehst. Du drückst etwas schneller auf den Auslöser, redest dem Hund gut zu und trittst dann schleunigst den Weg zum Auto an. 

Das Kreuz am Glatzenstein, da wollen wir heute auch noch hin. 

 

 

Wunderbar, dieser Ort. Ein schlichtes Holzkreuz erhebt sich plötzlich zwischen den Felsen. Und wenn du dich ihm näherst, eröffnet sich ein gigantischer Blick über Wälder und Wiesen, Felder und Dörfer. Trotz der Wolken ist die Sicht weit. Rechts von uns die Festung Rothenberg, da vorne unser Städtchen und irgendwo am Horizont ist der Nürnberger Fernsehturm zu sehen. 

 

herbstliche kreativitätsschübe

Draußen Regen, drinnen Gemütlichkeit. Ausschlafen am Wochenende und laaange Frühstücken. Ewig im Schlafanzug rumhängen, Bienenwachskerzen aus den Untiefen des Wohnzimmerschranks herauskramen, schwarzen Tee kochen und REM hören (die alten Alben sind die besten). Und dann seit gefühlt fünf Jahren das erste Mal wieder Strickzeug in die Hand nehmen. Die Sehnsucht nach Handarbeit befällt mich jedes Jahr aufs Neue, wenn sich der Herbst von seiner melancholischen Seite zeigt. Leider kann ich es kaum. Vor ein paar Wochen, als der Sommer noch heiß und sonnig war, habe ich in weiser Voraussicht einen Screenshot von einer Strickanleitung gemacht und Wolle gekauft. Anfängergeeignet hieß es. Nach einem kurzen youtube-Tutorial wusste ich auch, wie man Maschen zunimmt (jaaa, diese Sorte Anfängerin bin ich 😉). Dann ging es los. Gefühlt zehn Anläufe, zehn Mal auftrennen. Erst sehr geduldig, dann zunehmend genervter. Sollte das Ganze nicht etwas Meditatives haben? In meiner Vorstellung saß ich bei Tee, Kerzenschein und dem Geräusch von prasselndem Regen strickend auf dem Sofa. In mir ruhend, mit einem Lächeln auf den Lippen. Klingt kitschig. Ist es vielleicht. Die Realität sah dann auch eher so aus: Ich, auf dem Sofa sitzend, strickend, zunehmend lauter vor mich hin fluchend. Immerhin hatte mein Mann was zum Lachen. Aber, was soll ich sagen? Nach dem zehnten Anlauf hat es geklappt. Und jetzt sitze ich in jeder freien Minute strickend auf dem Sofa. Mein Kuschel-Dreieckstuch wird länger und länger. Und vielleicht ertappt ihr mich dabei auch mal mit einem seligen Grinsen im Gesicht. 

 

 

Wenn ich nicht gerade arbeite oder sonstwas zu tun habe (Haushalt wird überbewertet 😉), lebe ich meinen Herbst-Kreativitätsschub aus. Ob das nun Stricken ist oder ich mir ein Desinfektionsspray aus ätherischen Ölen zusammenmixe (riecht so viel besser als alles, was man kaufen kann und pflegt die Hände). Demnächst muss ich unbedingt Kerzenfärben mit Wachsmalkreide ausprobieren. Ich glaube, ich fasse das alles im nächsten Blogartikel mal zusammen, falls ihr euch auch gerade im Kreativitätstaumel befindet und Anregungen braucht. Wäre das was?

bis dahin ... habt´s fein und geniesst den herbst !

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Kommentare: 2
  • #1

    Annette (Dienstag, 06 Oktober 2020 13:57)

    ....danke für deinen schönen post....was du erzählst finde ich toll und auch ein bilder tun mir sehr gut....ich freue mich auf deinen nächsten post...
    herzlichst
    annette

  • #2

    Nici (Dienstag, 06 Oktober 2020 14:13)

    Ach, das freut mich aber, liebe Annette. Ganz liebe Grüße und bis zum nächsten Mal. �