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Den Frieden jagen?

 

Als ich die Jahreslosung für 2019 zum ersten Mal hörte, machte sich Verwirrung in mir breit. Frieden suchen ist ja durchaus sinnvoll. Aber ihm nachjagen? Ich hatte ein etwas verstörendes Bild vor Augen: Eine Jagdgesellschaft macht sich auf die Suche nach dem Frieden in symbolischer Form einer weißen Taube. Als sie ihn gefunden hat, wird er erschossen. Hmm ... - das kann wohl nicht der Sinn der Botschaft sein.

 

Mir war schon klar, dass die wahre Bedeutung eher etwas in Richtung "Strebe nach Frieden" sein musste. Häufig lassen sich Texte aus dem Hebräischen ja nicht eins zu eins ins Deutsche übersetzen, weil sie mehrdeutig sind oder es kein Wort gibt, was die Originalaussage zu hundert Prozent trifft. Ich hatte mir so etwas von dem Begriff "jagen" erhofft. Wie praktisch, dass meine Freundin Sanni für den ersten Frauenkreis im Januar die Jahreslosung als Thema wählte. Meine Hoffnung erfüllte sich nicht, denn "Jagd" blieb "Jagd". Dafür erweiterte sich der Begriff "Frieden", mit dem ich ja gar nicht auf Kriegsfuß stand. Dennoch hat mich der Frauenkreisabend die Jahreslosung betreffend weitergebracht und mit ihr versöhnt, was ich gerne mit euch teilen möchte.

 

Das hebräische Wort "Schalom", welches hier mit "Frieden" übersetzt wird, bedeutet mehr als die Abwesenheit von Streit und Krieg. In seiner ursprünglichen Bedeutung steht es für "Vervollständigung". Gott hat einen Frieden geschaffen, der die Menschen in ihrem tiefsten Inneren vervollständigt, heil macht, ihre Sehnsucht nach einer unversehrten Welt stillt. Wo Schalom ist, "finden sich nicht nur Sicherheit und Ruhe, sondern auch Gesundheit und Freude. Im Hebräischen fragen wir, wenn wir wissen wollen, wie es einer Person geht: "Ma schlomech?" - "Was ist dein Schalom?" Wir erkundigen uns nach dem Wohlbefinden der Person, wir wünschen ihr, was für sie wertvoll ist. Schalom ist mehr als Friede, es ist Zufriedenheit, Zu-Frieden-heit. Nicht der Zustand, sondern der Weg dahin."(Quelle) Dieser Art von Frieden sollen wir also nachjagen. Ein Geschenk Gottes, das mich in meiner Mitte ruhen lässt. Innerer Frieden, der Grundlage für äußeren Frieden ist.

 

Mit der Jahreslosung für 2019 habe ich eine neue Art Journaling-Bibel begonnen. Für die "Jagd" kam mir das Symbol der Zielscheibe in den Sinn. Kreise, ausgehend von einem inneren Zentrum. Das passt auch zu "in meiner Mitte sein" und nimmt dem "Jagen" das Kriegerische. Die Taube steht symbolisch für den Frieden und das Fernglas für die Suche danach. Eine Freundin aus der Bible Art Journaling-Facebookgruppe hat mich kürzlich mit genähtem Papier beschenkt. Taube und Feder konnte ich hier gleich wunderbar einfügen.

 

 

Ich habe meinen Frieden (wie passend) mit der Jahreslosung gefunden und ich mag sie sogar. Im Frauenkreis setzten wir uns mit verschiedenen künstlerischen Umsetzungen auseinander. Sannis Favorit war der grüne Giftzwerg mit der Pumpgun. Sie findet ihn erfrischend anders und mag die Interpretation der Künstlerin Eva Jung: Soll dieser Zwerg ein Sinnbild für Frieden sein? "Nein", entgegnet Eva Jung. "Wir denken beim Stichwort Frieden schnell an Kriege in fernen Ländern. Und vergessen dabei zu schnell die Kleinkriege, die vor unserer Haustür ablaufen. Ich möchte mit einem kleinen Augenzwinkern dazu ermutigen, sich selbst zu hinterfragen: Wirken wir manchmal hoch gerüstet auf andere? Und wie reagieren wir auf Menschen, die uns schwer bewaffnet gegenübertreten?" Rein optisch ist der Giftzwerg nicht so mein Fall, aber er wird seinen Platz in unserem Haus finden und mich auf seine witzig-herausfordernde Art täglich daran erinnern, mich im Alltag etwas genauer zu beobachten und bei Bedarf abzurüsten.

 

Wie geht es euch mit der jahreslosung?

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Kommentare: 5
  • #1

    Daniela Watermann (Montag, 14 Januar 2019 08:33)

    Hallo, wir hatten Anfang Januar einen sehr schönen Gottesdienst. Thema war die Jahreslosung. J. die durch den Gottesdienst geführt hatte, hat die Jahrslosung so beschrieben: Suche Jesus und folge ihm nach...das war für viele besser zu verstehen...bin ganz gespannt auf Samstag, habe einen bible art journaling Workshop zur Jahreslosung...

  • #2

    Eveline (Montag, 14 Januar 2019 08:39)

    Unser Pastor hat natürlich auch zu dem Vers gepredigt und etwas gesagt, dass mir super gefallen hat. Das Wort „nach jagen“ das an dieser Stelle steht, steht an anderer Stelle auch in dem zusammenhang, dass Gott uns nach jagt. Im
    Positiven Sinn natürlich. Er gibt nicht auf, sucht uns und zwar sehr aktiv. So aktiv sollen auch wir nach dem Frieden streben. Leider habe ich mir die Bibelstelle nicht notiert. Müsste sich aber ja rausbekommen lassen. Vielleicht schaffe ich es mir die Predigt heute noch einmal anzuhören

  • #3

    Susanne (Montag, 14 Januar 2019 12:12)

    Mir ging es ähnlich mit dem Wort "nachjagen", es war für mich wie ein Widerspruch zu Frieden. Dann habe ich mich auch mit der Bedeutung des Wortes "Shalom" befaßt und fand das sehr interessant wie umfassend und ganzheitlich dieses Wort ist.

  • #4

    H.K. (Montag, 14 Januar 2019 17:52)

    Ich verbinde mit" jagen" nicht unbedingt eine Jagd, bei der geschossen wird.
    Eher ein "Festhalten".
    Als Kinder spielten wir sehr oft "Fangen", der "Gefangene" wurde festgehalten.
    Vielleicht sollen wir den Frieden einfangen und festhalten. Gerade in der heutigen Zeit ist doch Frieden ein sehr kostbares Gut, was wir festhalten sollten.

  • #5

    Monika Haußer (Montag, 14 Januar 2019 19:02)

    Ich mochte die Jahreslosung eigentlich von Anfang an und war gedanklich sehr bei meinem inneren Frieden mit mir selbst. Dem musste ich mein Leben lang sehr nachjagen, weil ich eigentlich nie mit mir zufrieden war. Mir war "Frieden" mit anderen Menschen immer so wichtig, dass ich mich lieber verbogen habe, dass nur ja alle zufrieden sind und keine Konflikte entstehen. Dabei war ich eigentlich im ständigen Unfrieden mit mir selbst.

    Vor 9 Monaten habe ich eine Seelsorgeausbildung begonnen, bei der man logischerweise zunächst einmal sich selbst sehr auf den Grund gehen muss und zum Ziel hat, sich mit sich selbst zu versöhnen um anderen im Anschluss genau dabei helfen zu können. Es waren sehr anstrengende neun Monate, die sich am Ende aber mehr als gelohnt haben.

    Stellenweise kam ich mir wirklich wie bei einer Treibjagd vor und konnte manchmal nicht sagen, ob ich nun der Jäger oder der Gejagte bin.

    Ein Fazit habe ich für mich gewonnen: Für echten Frieden - in seiner ganzen Bedeutung - braucht es sowohl eine große Portion Gnade von Gottes Seite, als auch Kreativität und Durchhaltevermögen unsererseits.