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Feiertage

Der Mai hält jede Menge Feiergelegenheiten für unsere Familie bereit. Es beginnt mit dem Muttertag, dann folgt mein Geburtstag, der Vatertag und schließlich unser Hochzeitstag. Daran ändert auch Corona nichts. Und trotzdem war in diesem Jahr einiges anders. Um die Großeltern keinem gesundheitlichen Risiko auszusetzen, besuchten wir sie am Muttertag einzeln. An meinem Geburtstag waren wir - ich glaube zum ersten Mal - nur zu viert. Dafür feierten wir ihn nach Öffnung der Biergärten zusammen mit dem Vatertag im Freien und mit Abstand. Alles ein bisschen anders, aber gar nicht mal so schlecht, fand ich. Doch eins nach dem anderen ...

happy Birthday to me

Meinen Geburtstag also mal nur mit Mann und Kindern feiern, ein Novum. In diesem Jahr war ich ein Sonntagskind. Ich muss gestehen, dass ich bis kurz davor keinerlei Plan hatte, wie wir diesen Tag gestalten könnten. Nur der Essensplan stand - typisch ich: Auberginenpizza von einem der besten Italiener der Stadt (es gibt tatsächlich mehrere, aber nicht alle haben Auberginenpizza und nicht jeder bietet Corona-Abhol- oder-Lieferservice). 

 

Nach dem Ausschlafen frühstückten wir in aller Ruhe und damit begann ein wunderbarer Tag mit vielen schönen Überraschungen. Jedes Mal, wenn jemand von uns die Haustür öffnete, fand sich ein kleines Geburtstagsgeschenk von lieben Freunden auf den Stufen. Der Briefkasten war trotz des Sonntags gefüllt und ich bekam immer wieder Nachrichten und Anrufe. Es ist so ein schönes Gefühl, sich trotz Abstand und Isolation geliebt und bedacht zu wissen. 

 

Und dann kam mir die Idee, auf Entdeckertour in die nahe fränkische Schweiz zu gehen. So was wäre mir vor ein paar Jahren noch nicht eingefallen. Ich werde alt. Oder reifer?

Wir haben erst vor kurzem ein Buch erstanden: "Vergessene Pfade fränkische Schweiz - 33 stille Touren zu verborgenen Naturschönheiten" (unbeauftragte Werbung). Die Wanderungen sind wie Skipisten eingeteilt: blau (leicht), rot (mittel), schwarz (schwer). Ich blätterte erstmal komplett durch blau, bis ich auf die rote 17 stieß. Da hieß es: "Im Grunde leichte Tour mit nur geringen Anstiegen durch ein nahezu unberührtes Karstgebiet mit Felsentoren, Höhlen und Felsenketten, die aber wegen des Fehlens jeglicher Markierung und des recht hohen Anteils an weglosen Passagen einiges an Orientierungsvermögen verlangt."  Das sollte doch machbar sein, zumal mich die Bilder der Fels- und Torformationen "Geißkirche", "Löwentor" und "Doppeltor" sofort in ihren Bann zogen. Tour 17 am 17. Mai, das war bestimmt kein Zufall. Wenn es schon ein Buch zu den Rundgängen gab, würde sich vielleicht inzwischen ja doch der eine oder andere Wegweiser finden. Zumindest konnten die Ziele so unbekannt nicht mehr sein. Dachten wir … und machten uns auf den Weg.

 

 

Auf dem Parkplatz fragten wir einen Einheimischen nach dem Löwentor. Er kannte es nicht. Sollte uns das nachdenklich machen? Oder waren die Leute hier nur von den einfallenden Wochenendtouristen genervt? Ich habe ja selbst schon festgestellt, dass der Wald inzwischen kein einsamer Ort mehr ist. 

 

Wir drei Frauen hatten immerhin einen Mann mit Orientierungssinn dabei und tauchten also einfach mal zwischen den Bäumen ein. Wir begegneten kaum Menschen, dafür vielen Felsen. Aber ein Löwe war nicht dabei, auch keine Geißkirche oder Doppeltor. Schön war es dennoch, sonnig und im Wald angenehm verschattet, frische Luft, klares Grün. 

Zu meinem freudigen Erstaunen hatten sich unsere Töchter bereiterklärt, uns auf der Tour zu begleiten, zu lange sollte es allerdings nicht dauern. Ich empfand also einen gewissen Zeitdruck, wenigstens eine der Felsformationen zu finden. Es sah aber mehr und mehr danach aus, als hätten wir einfach einen schönen Spaziergang durch Wald und Felsen gemacht. Einen letzten Versuch wollte Thilo schließlich unternehmen. Wir starteten noch einmal in anderer Richtung, streunten durch Gebüsch, erklommen den einen oder anderen Felsen. Thilo und ich waren zu zweit vorangegangen, als ich einen besonders schönen Felsen entdeckte und mich zielstrebig auf den Weg machte. Da war ein Loch im Fels. Das wollte ich mir näher ansehen, nahm den Aufstieg, bog um die Ecke und stand plötzlich … vor dem Löwen. Wie im Buch "Vergessene Pfade …". Wie Simba auf dem Königsfelsen bei "König der Löwen". Da war er einfach wie aus dem Nichts vor meinen Augen aufgetaucht und blickte majestätisch auf die unter ihm liegende Landschaft. Atemberaubend!

 

Wir haben keine der anderen, im Buch beschriebenen Felsformationen mehr gefunden. Und es war mir egal. Ich hatte den Löwen entdeckt und es lag irgendwie etwas Symbolhaftes für mich in diesem Anblick. Der Löwe steht für Mut, Kraft, Würde und innere Freiheit. Mir kam Josua 1,9 in den Sinn, Linas Konfirmationsspruch: "Sei mutig und entschlossen! Hab keine Angst und lass dich durch nichts erschrecken; denn ich, der Herr, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst!«

 

Und noch eine schöne Zusage gab es an meinem Geburtstag. Ich hatte irgendwann mal bei Lena von ihrer Familientradition gelesen, am Geburtstag den Psalm zu lesen, dessen Zahl dem neuen Lebensjahr entspricht. Also guckte ich mir Psalm 45 an und fand gleich zu Beginn: "Mein Herz ist von Freude erfüllt."  Wenn das nicht ein gutes Motto ist. 

 

Vatertag - biergarten in corona-Zeiten

Einen Tag nach meinem Geburtstag eröffneten die Biergärten wieder. Wir fanden, dies wäre eine gute Gelegenheit, die Großeltern im Freien zu treffen, meinen Geburtstag nach- und den Vatertag zu feiern. Biergarten in Corona-Zeiten, irgendwie skurril. Keine spontane, lockere Zusammenkunft, sondern ein logistischer Act. Und trotzdem, vielleicht gerade deswegen, haben wir die Zeit dort genossen. Nach Anmeldung und Registrierung am Eingang wurden wir von Kellnern mit Maske und Handschuhen zu unserem Tisch geführt. Je Wohngemeinschaft gab es einen Tisch. Ach ja, und zu Beginn bekam jeder einen Stempel. Wie früher in der Disko. ;-)

Es war eine schöne, unbeschwerte Zeit und man hatte den Eindruck, dass sich jeder viel Mühe gab und Rücksicht nahm. Ein bisschen Normalität, wenn auch anders als gewohnt. Ein Widerspruch? Vielleicht.

hochzeitstag

Unglaubliche 21 Jahre ist es her, dass Thilo und ich mit zitternden Knien vor der Kirche standen, gemeinsam durch die Mengen unserer Freunde und Familienmitglieder schritten, uns dieses kleine, aber so bedeutsame Wörtchen "Ja" zusprachen. An unseren Eheringen hat uns die Gravur fasziniert. Dieses Auf und Ab und doch zusammen, unendlich. Durch gute und weniger gute Zeiten, Reibereien und Aufeinandereinlassen, Geben und Nehmen. Du und ich, was kann es Schöneres geben?

Dieser Tag bildete also den Abschluss unserer Mai-Feierei. Und wir haben ihn in vollen Zügen genossen. Feiertage trotz Corona - geht auch. Geht sogar ganz gut. Mit ein bisschen Kreativität und Offenheit. Wie sind deine Erfahrungen damit?

 

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